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Atlantische Flohkrebse pflanzen sich jetzt auch in arktischen Gewässern fort

Biologen des Alfred-Wegener-Institutes, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI), haben zum ersten Mal nachgewiesen, dass sich in den arktischen Gewässern westlich Spitzbergens auch Flohkrebse aus dem wärmeren Atlantik fortpflanzen. Diese überraschende Entdeckung deute auf einen möglichen Wandel der arktischen Zooplankton-Gemeinschaft hin, berichten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen in der Fachzeitschrift Marine Ecology Progress Series.

Leidtragende dieser "Atlantifikation" des Arktischen Ozeans dürften vor allem Seevögel, Fische und Wale sein. Der Grund: Die eingewanderten Flohkrebse sind mit einer Körperlänge von etwa einem Zentimeter kleiner als ihre arktischen Artgenossen und als Beute weniger nahrhaft.

Flohkrebse besitzen eine Vorliebe, die es den AWI-Biologen leicht gemacht hat, die Veränderungen zu entdecken. Denn: Die zum Zooplankton zählenden Meeresbewohner verstecken sich anscheinend gern. "Zu ihren Lieblingsverstecken zählen ganz augenscheinlich unsere Sinkstofffallen, die seit 13 Jahren im AWI-Langzeit-Observatorium HAUSGARTEN in der Framstrasse schweben.

Ursprünglich hatten wir die trichterförmigen Fallen dort im Westspitzbergenstrom verankert, um in etwa 300 Metern Wassertiefe herabsinkendes Material wie Algen oder Kot von Zooplankton einzufangen. Von Anfang an aber haben wir auch viele Flohkrebse in den Fallen gefunden. Vor allem in den Sommermonaten sind die Probenbehälter randvoll. Wir vermuten deshalb, dass die Tiere aktiv in die Fallen schwimmen", sagt AWI-Plankton-Spezialistin Dr. Eva-Maria Nöthig.

Der Beifang entpuppte sich schnell als wertvoller Probensatz, denn im Laufe der Jahre variierte nicht nur die Anzahl der gefangenen Flohkrebse. Es veränderte sich auch ihre Artenzusammensetzung. "In den ersten vier Jahren bestanden unsere Fänge ausschliesslich aus den arktischen und subarktischen Vertretern Themisto libellula und Themisto abyssorum.

Im Juli 2004 haben wir dann zum ersten Mal Exemplare der kleineren, im Atlantischen Ozean beheimateten Art Themisto compressa in unseren Probenbehältern gefunden. Sie waren anscheinend im Zuge einer Warmphase des Westspitzbergenstroms so weit in den Norden gekommen", berichtet die Wissenschaftlerin.

Ein Einzelfund? Mitnichten! Aus der Ausnahme wurde in den Folgejahren eine Regel mit saisonalem Zyklus. Die Wissenschaftler dokumentierten von nun an vor allem in den Sommermonaten mehr und mehr Exemplare der atlantischen Art Themisto compressa. Dennoch, so glaubten die Forscher zu dieser Zeit, sei das Wasser des Westspitzbergenstroms mit einer Durchschnittstemperatur von 3 bis 3,5 Grad Celsius zu kalt, als dass sich die kälteempfindlicheren Tiere aus dem südlichen Teil des Nordatlantik darin vermehren würden.

Neue Funde widerlegten diese Annahme: "Die Fänge der Monate August und September 2011 enthielten zum ersten Mal eiertragende Weibchen sowie frisch geschlüpfte Jungtiere der atlantischen Art. Ausserdem konnten wir in den Folgemonaten Tiere aus allen Entwicklungsstadien des eingewanderten Flohkrebses nachweisen, obwohl die Warmphase des Westspitzbergenstroms bereits abgeklungen war", sagt Eva-Maria Nöthig.

Die Wissenschaftler begannen zu rechnen: Die Wassermassen des nordwärts führenden Westspitzbergenstroms benötigen etwa 150 Tage für die Reise vom Nordatlantik in den Arktischen Ozean. Zu lang, um bereits tragende Weibchen aus ihrem angestammten Lebensraum in 60 Grad nördlicher Breite rechtzeitig bis zum Schlüpfen der Larven bis vor die Westküste Spitzbergens zu transportieren. "Angesichts dieser Fakten glauben wir, dass sich die atlantischen Flohkrebse in den Gewässern der östlichen Framstrasse fortpflanzen. Das heisst, die Tiere werden hier geschlechtsreif und bringen auch hier ihren Nachwuchs auf die Welt", so Eva-Maria Nöthig.

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Sie und ihre Kollegen deuten die Funde als Anzeichen für einen Wandel des Ökosystems in der östlichen Framstrasse. "Von unseren Langzeitmessungen in der Framstrasse und am HAUSGARTEN sowie aus der Fachliteratur wissen wir, dass es in der Vergangenheit immer wieder Phasen gab, in denen vergleichsweise warmes Atlantikwasser weit in den Norden vorgedrungen ist. Wir konnten aber keinen einzigen Hinweis darauf finden, dass sich jemals zuvor die Bedingungen so grundlegend verändert haben, dass diese arktischen Gewässer als Kinderstube für atlantische Flohkrebse dienen konnten", sagt Eva-Maria Nöthig.

Ob die Einwanderer sich jetzt weiter Richtung Norden ausbreiten und ob sie den zwei angestammten Flohkrebs-Arten den Lebensraum streitig machen, wissen die Wissenschaftler noch nicht. Aber: Wann immer neue Akteure in einem Lebensraum auftreten, können sich dessen Artengefüge und Nahrungsnetz ändern. Eva-Maria Nöthig: "Die atlantischen Flohkrebse sind mit rund einem Zentimeter Körperlänge kleiner als die bis zu fünf Zentimeter lange arktische Art Themisto libellula. Für arktische Flohkrebsjäger wie Fische bedeutet dies, dass sie im Vergleich zu früher von den atlantischen Flohkrebsen etwa fünfmal mehr Tiere erbeuten müssen, um die gleiche Menge Energie aufzunehmen. Die Leidtragenden der Veränderungen werden deshalb vermutlich jene Tierarten sein, die am Ende der Nahrungsketten stehen."

Die Ergebnisse der Biologen werden untermauert von ozeanografischen Langzeitbeobachtungen des Westspitzbergenstromes, die AWI-Wissenschaftler am HAUSGARTEN und mithilfe einer Verankerungskette quer über die Framstrasse durchführen. Demnach ist die Wassertemperatur der Nordströmung in einer Tiefe von 250 Metern in den Jahren 1997 bis 2010 um etwa 0,8 Grad Celsius gestiegen.

Die Studie ist unter folgendem Originaltitel erschienen:

Angelina Kraft, Eva-Maria Nöthig, Eduard Bauerfeind, David J. Wildish, Gerhard W. Pohle, Ulrich V. Bathmann, Agnieszka Beszczynska-Möller, Michael Klages (2013): First evidence or reproductive success in a southern invader species indicates possible community shifts among Arctic zooplankton, Marine Ecology Progress Series, MEPS 493:291-296 (2013), doi:10.3354/meps10507, Online publication date: November 20, 2013

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Quelle: Text Alfred-Wegener-Institut AWI, Januar 2014
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